Nichts ist wirklicher als die Vorstellung von der Wirklichkeit – Im Gespräch mit Tenor Eric Cutler
December 2, 2016
Es ist diese »Ver-Rückung der Norm«, die Johannes Erath, der mit Mozarts »Le nozze di Figaro« 2014/15 sein Debüt an der Semperoper gab, bei seiner Inszenierung von »Hoffmanns Erzählungen« von Jacques Offenbach fasziniert. Er fokussiert seine Erzählung auf die Person Hoffmanns, einen Mann, der sich die Realitat nach seinen Vorstellungen gestaltet und und den schmalen Grat zwischen Verrücktheit und Normalität stets auf’s neue austarieren muss, oder wie Johannes Erath sagt: »Realität ist das, was wir ertragen, wahrzunehmen«. Mit der Titelrolle wurde der amerikanische Tenor Eric Cutler betraut, der sein Debüt in Dresden gibt. Wie er mit den besonderen Herausforderungen dieser Partie umgeht, erzählt er im Gespräch mit DRESDNER-Herausgeberin Jana Betscher.
Gibt es reelle Bezugspunkte zwischen Ihnen und der Figur Hoffmanns?
Eric Cutler: Ja, sie zeigen sich für mich in der Geschichte zwischen der Figur der Muse und des Bösewichts. Die Figuren sind für mich Sinnbild für das Innenleben eines jeden Künstlers. Wir alle kennen diese Gefühle vor jeder Vorstellung: Einerseits die Leidenschaft für die Arbeit und andererseits die Selbstzweifel: Versagt mir meine Stimme, wie kann ich das schaffen?
Maßgeblich im Leben Hoffmanns sind drei Frauenfiguren. Wie werden diese in der Beziehung zu ihrer Rolle definiert?
Eric Cutler: Wir zeigen anhand der Frauenfiguren die Evolution seines Lebens. Mit Olympia, der Puppe, ist er sehr jung. Er hat hohe, perfektionistische Ansprüche an die Schönheit. Antonia ist vielleicht sein große Liebe, mit ihm auch verbunden durch die Kunst und die Musik. Aber ob er Antonia liebt oder nur das Gefühl des Verliebtseins in sie, das bleibt offen. Sie ist Künstlerin, die auch ein tragisches Schicksal als Künstlerin hat. Dies ist wiederum ein tragisches Spiegelbild seiner selbst. Und dann kommt am Ende Giulette, die Prostituierte, die ihn umgarnt und auch das wieder als Spiegelbild.
Interview: Dresdner Kulturmagazin